marks blond project - r.F.Z.K.

steffi weismann und georg klein (berlin)

«pick up»

opening: do 31. märz 2005, 19-21 uhr
(performative interaktion)
exhibition: do 31. märz – so 03. april 2005
(installative interaktion)

 

 

 

 

Steffi Weismann und Georg Klein entwickelten für den "Blond-Cube" im Berner Universitäts- und Wohnquartier, eine zweiteilige interaktive Sound-Arbeit.

Bei ihrer Performance am Eröffnungsabend mischten sich die beiden Künstler inkognito unter das ihnen unbekannte Vernissagepublikum und nutzten die Small-Talk-Situation, um mit Einzelnen zu flirten und sie in einer etwas allzu intimen Weise anzusprechen. Zur Kontaktaufnahme verwendeten sie aus dem Internet gefischte "pick up-lines" (Anmachsprüche). Diese Gespräche fanden rund um eine kleine Bar gegenüber vom Kiosk statt.

Im Kiosk selbst konnten jeweils vier Leute auf einer Parkbank mit Blick durch das grosse Fenster Platz nehmen. Über Funkmikrofone wurden Teile der Gespräche von der anderen Strassenseite live in den Kioskinnenraum übertragen. Die Zuhörer dort schauten sich - akustisch von draussen isoliert und eingehüllt in loungiger Musik - wie in einen Kinofilm die sich abspielenden Szenen durch das Kioskfenster an. Während die Gäste draussen nichts ahnten, wurden die Besucher drinnen Zeugen vom Erfolg wie auch vom Scheitern bei der Anwendung der "pick up-lines". Die Straße wurde zur Bühne.

Da man nur nacheinander in den voyeuristischen Genuss kam, sich auf die Bank im Kiosk zu setzen, wurde die nicht leicht zu durchschauende kommunikative Situation erst nach und nach verständlich. Doch auch die Zuschauer- und hörer im Kiosk wurden zu Ausstellungsstücken, die von aussen betrachtet durch orangenes Licht beschienen mit zunehmender Dunkelheit immer sichtbarer wurden. Während der Performance wurden sie auch immer mehr zum Gegenstand der "Pick-up-Gespräche", in denen die beiden "pickup-artists" über ihre Erfahrungen mit den einzelnen Gästen redeten. Im Laufe des Abends wurden so die Perspektiven gewechselt, Innen und Aussen vertauscht.

 

In der anschließenden, einige Tage laufenden Installation kehrte sich das Verhältnis von Innen und Aussen um: Der leere Kiosk sprach die vorbeigehenden Passanten an, lockte sie heran und erzählte ihnen von seinem mühevollen Leben als Kunstautomat. Die Zuhörer waren diesmal draussen und wurden über eine interaktive Sensorik (Ultraschall-Distanzsensor) in ein "Gespräch" mit dem Kiosk verwickelt. Aus der heruntertransponierten Stimme von Steffi Weismann wurde eine eigene Kioskstimme kreiert, die unendlich langsames Schweizerdeutsch sprach und ab und zu durch die hochtransponierte Stimme von Georg Klein unterbrochen wurde. Je näher die Leute kamen, desto redseliger wurde der Kiosk, der über einen Gesprächswortschatz von 53 Einzelwörtern, Einzelsätzen und Satzfolgen verfügte. Über ein zufallsgesteuertes Programm (Max/MSP) wurde die Ansprache der Passanten variiert, und je nach Abstand vom Kiosk verschieden abgespielt. Eine Begegnung konnte sich etwa so abspielen:

Hallo Sie! / Bliibed Sie doch churz staa (Bleiben Sie doch kurz stehen) / Nei schön! / Chömmed sie doch echli nöcher. (Kommen sie doch etwas näher) / Ah, jetzt chann ich si besser gsee (...kann ich Sie besser sehen) Ich bin en immaterielle Umschlagplatz / Versetzed Sie sich doch emal i mini Laag (Versetzen Sie sich doch einmal in meine Lage) / Immer mues mer uf sich ufmerksam mache (immer muss man auf sich aufmerksam machen) / Vorsicht! / Chömmed Si mir nöd z'nöch! (Kommen Sie mir nicht zu nahe) / Fühled Sie au eso ä Leeri i sich? (Fühlen Sie auch so eine Leere in sich?/

Solche Sätze wurden von der tiefen etwas depressiven Stimme gesprochen. Die hohe Stimme warf dagegen einzelne Kiosksuperlative hinaus: ultra / super / extra / spezial / mini / fresh / de luxe / double size etc. Die unterschiedlichen Reaktionen der Passanten auf diese Installation sind von den Künstlern teilweise dokumentiert worden. Eine DVD mit Video, Booklet und Fotos ist in einer deutsch/englischen Fassung über Steffi Weismann oder Georg Klein erhältlich.

 

 

 

 

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